Wer einen Grund zum Feiern sucht, oder gerne mal ein wenig Aktionismus an den Tag legt, der wird an den meisten Tagen des Jahres fündig. Zwölf Monate im Jahr gibt es fast täglich einen Welttag für irgendetwas. Dazu kommen die mehr, oder wenige offiziellen Feiertage. Wer sich vom jeweiligen Motto angesprochen fühlt, kann solche Tage zum Anlass nehmen, sich besonders zu verhalten. Auch der März ist keine Ausnahme und strotzt nur so, vor Welttagen. So kann man sich am 3. März, am Tag des Artenschutzes, lautstark für den Erhalt bedrohter Tierarten starkmachen. Da gleichzeitig der Tag des Hörens gefeiert wird, gibt es sicher ein breites Publikum für die Arterhaltungsparolen. Wird man trotzdem missverstanden, kann man am 6. März, dem europäischen Tag der Logopädie, zumindest in Europa an seiner Aussprache arbeiten. Wird man davon hungrig, bietet sich der deutsche Tag der gesunden Ernährung am 6. März für eine vollwertige Mahlzeit an. Hat man so die ersten Tage des März überstanden, kann man an 8. März den internationalen Frauentag feiern.
In China erhalten Frauen am Weltfrauentag einen halben Tag frei. In 25 Ländern ist der 8. März, zumindest teilweise, gesetzlicher Feiertag. Seit 2019 wird er auch in Berlin als gesetzlicher Feiertag behandelt. Frauen in aller Welt freuen sich an diesem Tag über Blumen und andere Geschenke. Also ist der 8. März der Tag, an dem wir Frauen mit einer Handvoll Rosen und einer Schachtel Pralinen verwöhnen? Feiern wir die Tatsache, dass es Frauen gibt? Sieht man sich die Geschichte des Weltfrauentags an, dann scheint ein anderer Gedanke dahinterzustecken. Am Beginn des 20. Jahrhunderts gab es für Frauen weniger Rechte, als für Männer. Bis 1918 erhielten Frauen kein Wahlrecht. Klar, das ist lange her und mittlerweile seit mehr als 100 Jahren geändert, aber andere Gesetze, die Frauen benachteiligten, oder ihnen deutlich weniger Rechte einräumten, hielten sich erschreckend lange.
Am 1. Juli 1958 trat in Deutschland das Gleichberechtigungsgesetz in Kraft. Zwar wurde bereits 1949 der Artikel 3 des Grundgesetzes erweitert und damit festgehalten, dass Männer und Frauen gleichberechtigt, sind, in der Praxis sah das aber noch länger ganz anders aus. Auch im bürgerlichen Gesetzbuch gab es Regelungen, die diesem Grundsatz widersprachen. In der Fassung von 1896 war klar geregelt, dass der Mann als Familienoberhaupt umfassende Entscheidungsbefugnis hatte. Er durfte alleine über alle Angelegenheiten, einschließlich des Wohnortes, entscheiden. Frauen durften kein Konto eröffnen, ohne Einwilligung des Ehemanns arbeiten und der Mann war berechtigt seiner Frau den Wohnungsschlüssel abzunehmen. Eine Scheidung bedeutete für die Frau ein Leben in Armut und ohne Recht auf finanzielle Unterstützung.
Erst im März 1953 wurden die Gesetze dem Grundsatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes angepasst. Mit dem Gleichberechtigungsgesetz durften Frauen auch ohne Genehmigung des Mannes erwerbstätig sein. Allerdings gab es die Einschränkung, dass davon die Pflichten der Ehe und der Familie nicht beeinträchtigt werden durften. Erst 1977 wurde klargestellt, dass die Haushaltsführung zwischen den Ehepartnern im Einvernehmen geregelt werden muss und nicht mehr die Frau alleine dafür verantwortlich ist. 1994 wurde Artikel 3 des deutschen Grundgesetzes neuerlich angepasst. Absatz 2, der 1949 ergänzt wurde, lautet heute:
Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin
Artikel 3, Absatz 2 Grundgesetz
Allerdings werden Frauen in vielen Bereichen weiterhin, teilweise massiv, benachteiligt. So gibt es Anfang November den Equal Pay Day. Der Tag, an dem Männer für dieselbe Tätigkeit bei gleicher Qualifikation im laufenden Jahr den Betrag verdient haben, den Frauen für volle 12 Monate erhalten. Ganze 2 Monate arbeiten Frauen im Durchschnitt umsonst. Die untergeordnete Rolle der Frau hält sich immer noch in unserer Gesellschaft. Auch heute gibt es noch Kulturen, die Frauen deutlich schlechter stellen, als die Männer. Wie und wann es zu dieser Einstellung gekommen ist, ist schwer nachvollziehbar. Klar ist nur, dass es nicht immer so war.
Seit 1878 entdeckten Archäologen auf der schwedischen See-Insel Björkö etwa 3.000 Wikingergräber. Eines der Gräber fiel besonders auf. Zwei Pferde lagen am Fuße des Grabes. In der linken Hand hielt das Skelett ein Langschwert. Rechts eine schwere Streitaxt. Ganz klar, hier wurde ein mächtiger Krieger mit Waffen und Pferden beerdigt. Und noch klarer, dass es sich dabei nur um einen Mann handeln konnte. 2017 veröffentlichte ein Forscherteam der Universität Stockholm allerdings die Ergebnisse der Gensequenzierung des Wikingers. Tatsächlich handelt es sich um eine Frau. Eine Frau, die offensichtlich einen hohen Rang genoss und kampferprobt war. Ein Frauenbild, das für die Entdecker im späten 19. Jahrhundert undenkbar war. Aktuelle Erkenntnisse zeigen auch, dass das Bild der Steinzeitfrauen revidiert werden muss. Statt ängstlich in der Höhle zu sitzen und sich um den Nachwuchs zu kümmern, waren sie wohl genauso aktiv, wie die Männer.
Es scheint also keine vorgegebene Rolle für Frauen zu geben. Bei allen Unterschieden sind sie den Männern gleichgestellt. Am Weltfrauentag sollte man daher in erster Linie auf die vollumfängliche Gleichstellung der Frau und ihre Rechte hinweisen und von Blumenspenden absehen. Unter dem Hashtag #RightsNotRoses veranstaltet Katharina eine Blogparade zu dem Thema. Auf ihrem Blog dreht sich alles um das Thema Geburt. In ihrer Blogparade ruft sie dazu auf, sich mit dem Thema Rosen und Frauenrechte auseinanderzusetzen. Ansonsten lässt sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern freie Hand zur Gestaltung ihres Beitrags.
Sowohl Männer, also auch Frauen sind von dem Thema betroffen. Wenn Du also entweder ein Mann, oder eine Frau bist, bist Du damit bereits zur Teilnahme an dieser Blogparade qualifiziert.
Alle Details zur Blogparade findest Du unter: Rights, Not Roses. Valentinstag bis Frauentag 2022
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