
Es war einer dieser Tage, an denen die Worte schwer in der Luft lagen. Draußen hingen die Wolken tief, und auch drinnen schien das Licht stumpfer als sonst. Ich saß da, die Hände um eine Tasse kalten Kaffee geklammert, und starrte auf das leere Blatt vor mir. Der Auftrag war klar. Und doch: Wie entscheidet man sich für einen einzigen Krimi, wenn die Regale voller Leichen, Geheimnisse und cleverer Ermittler stehen?
Ich begann zu wühlen, systematisch, wie es ein guter Detektiv tun würde. Seite um Seite. Cover um Cover. Klassiker schoben sich in mein Blickfeld. Agatha Christie zwinkerte mir zu, ein altes, abgegriffenes Exemplar von Mord im Orientexpress unter dem Arm. Ein paar Regalbretter weiter lehnten moderne Ermittler: düstere Nordländer mit kalten Blicken, scharf gezeichnete Figuren aus neuen Zeiten, die keine Fragen stellen, sondern Antworten verlangen.
Aber keiner von ihnen fühlte sich richtig an. Zu bekannt. Zu offensichtlich. Ich suchte etwas anderes. Etwas, das nicht auf den ersten Blick zu erkennen war. Einen Krimi, der mehr war als Blut und Tatorte. Einen, der atmete, der leise unter die Haut kroch und sich dort einnistete, lange nachdem die letzte Seite umgeblättert war.
Und dann fiel mein Blick auf ihn: ein unscheinbares Buch, keine reißerische Aufmachung, keine schreienden Farben. Ein Buch, das nichts versprach – und gerade deshalb so viel halten konnte. Ich nahm es in die Hand. Spürte das Gewicht. Riecht man, ob ein Buch gut ist? Vielleicht nicht. Aber man fühlt es.
Die ersten Seiten waren ein langsames Herantasten. Keine Explosion, kein Schockeffekt. Nur ein leichter, kaum wahrnehmbarer Sog. Ein Kommissar, der nicht glatt ist, sondern schartig, mit Ecken, an denen man hängenbleibt. Ein Fall, der sich nicht laut ankündigt, sondern wie ein feiner Nebel alles durchdringt. Und eine Geschichte, die nicht den einfachen Weg geht.
Je weiter ich las, desto weniger konnte ich mich lösen. Es war diese Mischung aus feinem psychologischen Gespür und dem Wissen, dass wahre Spannung nicht in der Gewalt liegt, sondern im Warten, im Ahnungsvermögen, im Blick für das Verborgene. Ein Krimi, der nicht laut sein musste, um laut nachzuhallen.
Ich klappte das Buch zu. Der Kaffee war inzwischen völlig kalt, aber das war egal. Ich hatte meinen Krimi gefunden. Nicht den bekanntesten, nicht den spektakulärsten – aber meinen.
Und jetzt? Der Bericht musste geschrieben werden, Beweise gesichert, Eindrücke festgehalten. Keine Zeit zu verlieren.
Susanne Pohl lädt mit ihrer Blogparade genau dazu ein: den eigenen liebsten Krimi zu entlarven, zu hinterfragen, was ihn so besonders macht, und ihn ins Scheinwerferlicht zu stellen. Auf ihrem Blog dreht sich alles um Krimis, Schreiben und spannende Geschichten. Die Blogparade ist eine Einladung, in Erinnerungen zu stöbern, tief im Bücherregal zu graben und dem einen Krimi die Ehre zu erweisen, der uns nie ganz losgelassen hat – nicht nur als Leser, sondern als Ermittler im eigenen kleinen literarischen Fall.
Alle Infos zur Blogparade findest Du unter: Mein liebster Krimi
Diese Blogparade läuft bis 22.06.2025.