
Der Wind fegte durch die Straßen von Greifenfels, riss an den Umhängen der Reisenden, als wolle er sie von ihrem Weg abbringen. Die Dunkelheit schien sich in die Pflastersteine zu fressen, und irgendwo in der Ferne erklang das heisere Lachen eines Betrunkenen. Doch in der kleinen Gruppe, die sich vor der Taverne „Zum Blutenden Falken“ versammelt hatte, lachte niemand. Sie waren gekommen, weil es keine andere Wahl gab. Oder weil sie nicht anders konnten.
Roderic von Wellenbrück stand aufrecht, die Schultern stramm, die Kiefer angespannt. Der Ritter aus altem Adel hätte nichts lieber getan, als mit gezogenem Schwert gegen die Bedrohung anzutreten, die sich über Greifenfels zusammenbraute. Doch er wusste, dass nicht jede Schlacht mit Stahl gewonnen wurde. Die Dinge waren komplizierter geworden, und das lag nicht nur an den finsteren Zeichen, die sie in der Stadt gefunden hatten.
Neben ihm stand Leandra, die Magierin mit den dunklen Augen, die das Mondlicht in sich zu fangen schienen. Ihr Blick ruhte auf den gepflasterten Boden, doch ihre Gedanken waren anderswo. Roderic kannte diesen Ausdruck. Er hatte ihn schon gesehen, lange bevor sie beide sich in diese Stadt verirrt hatten. Es war der Blick von jemandem, der etwas sagen wollte, es aber nicht konnte. Oder nicht durfte.
Nicht weit entfernt lehnte Thalric von Graustein gegen eine Hauswand, das unverschämte Lächeln auf den Lippen, das so oft seine Unsicherheit verbarg. Er spielte mit einer Münze, ließ sie geschickt zwischen den Fingern tanzen, doch seine Aufmerksamkeit lag nicht auf dem Silberstück. Sie lag auf Nareen, der Waldläuferin, die sich so sehr abgewendet hatte, dass es fast schmerzte, hinzusehen.
Nareen hatte sich anfangs auf ihn eingelassen, hatte ihm diese seltene Wärme geschenkt, die man von einer Frau wie ihr nicht erwartete. Und dann hatte sie sich zurückgezogen, ohne eine Erklärung, ohne einen Blick zurück. Sie tat so, als wäre nie etwas gewesen. Doch Thalric wusste es besser. Er wusste, dass ihr Herz noch immer genauso kämpfte wie seins.
Sariah von Nebelhain hielt sich im Schatten der Taverne, die Arme vor der Brust verschränkt, als könne sie so die Kälte der Nacht von sich abhalten. Ihre Gedanken rasten, doch sie wusste, dass sie keine Antworten finden würde, wenn sie weiter über die letzten Tage nachgrübelte. Sie war Heilerin, gewohnt, Wunden zu versorgen – doch es gab Wunden, für die es keine Heilung gab.
Eldric Sturmfels, der wortkarge Zwerg, stand neben ihr. Sein Blick war schwer, seine Hände rau von unzähligen Kämpfen, doch er sagte nichts. Er sah zu, hörte zu, wartete auf den Moment, in dem seine Kraft gebraucht wurde.
Die Stadt steckte tiefer in der Dunkelheit, als sie vermutet hatten. Die alten Gassen verbargen mehr als nur Diebe und Betrunkene. Irgendwo hier, in einem Versteck, das sie noch nicht gefunden hatten, planten Männer und Frauen Dinge, die Greifenfels für immer verändern würden. Die Zeichen an der Wand waren kein Zufall gewesen, kein wildes Geschmiere. Sie hatten eine Bedeutung.
Als sie die Spur eines Verdächtigen aufnahmen, führte sie der Weg in die engen Hinterhöfe nahe der Stadtmauer. Die Straßenlaternen warfen unruhige Schatten, und mit jedem Schritt wurde die Stille schwerer. Roderic ging voraus, die Hand am Schwertgriff, während Thalric sich in den Schatten hielt, bereit, sich zu verbergen, wenn es nötig war. Dann, ein Geräusch. Ein Knirschen auf dem Pflaster, kaum hörbar, doch es reichte.
Ein Schatten bewegte sich aus einer Seitengasse, eine Gestalt in dunkler Kleidung. Niemand sprach, niemand rührte sich. Ein Moment der reinen Anspannung lag in der Luft, bis sich die Gestalt plötzlich in Bewegung setzte. Roderic wollte nach vorne stürmen, doch Leandra war schneller. Ihre Hand zuckte nach vorn, und ein leiser Zauber entfaltete sich in der Luft – doch dann geschah etwas, das sie alle unvorbereitet traf. Ein zweiter Schatten bewegte sich aus der Dunkelheit. Ein zweiter Gegner, der direkt auf Nareen losging.
Und in diesem Moment, in dem sie aus Instinkt reagierte, in dem ihr Körper sich drehte, um den Angriff abzuwehren, war es Thalric, der sich dazwischenwarf. Die Klinge durchtrennte die Luft, verharrte dann, einen Fingerbreit vor seiner Kehle. Nareens Hand hatte die Waffe des Angreifers mit ihrem eigenen Dolch abgefangen, ihre Augen brannten vor Wut. Doch nicht nur vor Wut. Sekunden verstrichen, und dann wich der Feind zurück, verschwand wieder in der Nacht. Stille.
Niemand sprach, niemand bewegte sich. Dann trat Thalric einen Schritt zurück, sah Nareen an. Sie hielt seinen Blick, länger als sonst, länger, als es klug gewesen wäre. Aber dann war es wieder da, das, was sie immer zwischen sich stehen ließen. „Wir sollten weiter,“ sagte sie leise, und Thalric nickte, ohne ein weiteres Wort. Roderic warf einen Blick zu Leandra, als suche er nach einer Antwort, die er schon kannte. Sariah legte eine Hand auf ihren Arm, als wolle sie etwas sagen, entschied sich dann aber dagegen. Eldric beobachtete sie alle, sein Schweigen schwerer als jedes Wort. Sie wussten nicht, was diese Nacht noch bringen würde. Sie wussten nicht, welche Schatten noch auf sie warteten. Aber sie wussten, dass nichts mehr so sein würde wie zuvor.
Wer sich beim Lesen dieses Textes an einen der letzten Spieleabende erinnert, dem geht es wahrscheinlich wie Florian. Als leidenschaftlicher Spieler von Pen & Paper Rollenspielen betreibt er ein Blog, auf dem er sich mit seinem Hobby auseinandersetzt. Jetzt hat er sich zur Veranstaltung einer Blogparade entschieden. Er stellt zur Diskussion, dass ein solches Rollenspiel eine Komponente hat, die zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. Wer in seiner Rolle wirklich aufgeht, der beschränkt sich im besten Fall nicht darauf, Rätsel zu lösen, Banditen, Orks, Goblins, oder Skelette zu massakrieren und seine Ausrüstung zu verbessern. Drama ist die Zutat, die den Abenteuern erst so richtig Leben einhaucht und eine unterschätzte Komponente, die die Qualität des Spielerlebnisses deutlich verbessern kann. Also ruft Florian dazu auf, Deine Ideen und Erfahrungen dazu zu teilen. Hast Du Drama in die Spieldynamik eingebaut und das Regelwerk damit erweitert? Hast Du vielleicht bewegende Erfahrungen, die Du teilen willst, oder bist Du vielleicht absolut dagegen und meinst Drama gibt es nur in Krankenhausserien, aber nicht im Rollenspiel?
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Diese Blogparade läuft bis 15.04.2025.